C. 98
(Zingerle Nr. 74)
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VERSLEIN DES ENGELHARD AN SIGISMUND
ENGELARDI AD SIGISMUNDUM VERSICULI
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Transkribierter Text | Übersetzung | ||
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1 | Pauci versiculi nec elegantes, | Wir wenigen kleinen Verse, nicht besonders elegant, | |
2 | Semiusti lacerique flebilesque | halb verbrannt, in Fetzen gerissen und beklagenswert, | |
3 | Et nostro similes nimis patrono, | unserem Schöpfer allzu ähnlich, | |
4 | Ardenti modo de rogo per ignes | gerade noch aus den Flammen des brennenden Scheiterhaufens | |
5 | Servati lacrimis tui sodalis, | gerettet, unter den Tränen deines Freundes, | sodalis
Im Kontext der humanistischen Gelehrtengesellschaft bedeutet das Wort sodalis nicht nur „Freund, Kamerad“, sondern weckt auch Anklänge an den Brauch der literarischen sodalitates. Diese regionalen wissenschaftlichen Vereinigungen von humanistischen Intellektuellen wurden von Konrad Celtis in Anlehnung an die italienischen Akademien in verschiedenen Gebibeten des deutschen Sprachraums ins Leben gerufen. Sie hatten den Zweck, Gleichgesinnte in Freundschaft zusammenzuführen und ihnen die Möglichkeit zum geistigen und literarischen Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung in Dichtung und Forschung zu bieten (vgl. Bernstein 2004, S. 68–72). Für Engelhard Funck ist keine Mitgliedschaft in einer der Sodalitäten explizit bezeugt, doch war er über seine persönlichen Kontakte fest in das Netz der Sodalitas litteraria Rhenana eingebunden: Sowohl mit Celtis selbst als auch mit Prickheimer, Trithemius und Wimpfeling, die nachgewiesenermaßen Mitglieder der rheinischen Sodalität waren, pflegte Funck freundschaftliche Beziehungen. Auch mit dem Adressaten Sigismund scheint den Autor ein vergleichbares Verhältnis zu verbinden, in dem neben freundschaftlicher Verbundenheit auch geistiger Austausch und literarische Förderung eine Rolle spielten.
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6 | Sigismunde, patrisque erique nostri, | Sigismund, unseres Erschaffers und Herrn, | |
7 | Ad te venimus exsules et orbi, | wir treten vor dich, heimatlos und verwaist, | |
8 | Paucos hospitio dies rogantes. | und bitten um gastliche Aufnahme für wenige Tage. | |
9 | Post lectos domino remitte nostro, | Nach dem Lesen schicke uns zu unserem Herrn zurück, | |
10 | Vel si longius est iter premendum, | oder, wenn der Weg, den wir zurücklegen müssen, besonders lang ist, | |
11 | Emenda prius et prius recense, | verbessere und begutachte uns zuvor, | |
12 | Ut, quamvis media vagemur urbe, | damit, auch wenn wir mitten in der Stadt umherschweifen | |
13 | Non possit malus, invidus rapaxque | nicht ein missgünstiger Schurke, zugleich | |
14 | Et nostri simul hostis Engelardi | ein Feind unseres Engelhard, uns an sich reißt | |
15 | Ullam dentibus invenire praedam! | und ins uns eine Beute für seine Reißzähne findet! |