C. 145
(GW 5068 109v-111v; GW 5069 100r-101v; Wilhelmi 1.1 Nr. 192))
Mirador should be here!
AN DEN STRAHLENDSTEN UND DURCHLAUCHTIGSTEN MAXIMILIAN, KÖNIG DER RÖMER, ÜBER DEN SPEKTAKULÄREN KAMPF DER FÜCHSE, EINE ALOPEKIOMACHIE VON SEBASTIAN BRANT
AD ILLUSTRISSIMUM SERENISSIMUMQUE ROMANORUM REGEM MAXIMILIANUM ETC. DE SPECTACULO CONFLICTUQUE VULPIUM ALOPEKIOMACHIA SEBASTIANI BRANT
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Transkribierter Text | Übersetzung | ||
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1 | Forsitan addubitas, quid sit, rex maxime, vulpes | Vielleicht hast du Zweifel darüber, größter König, aus welchem Grund ich hier | |
2 | Quod modo tam varias affero agoque procul, | so verschiedenartige Füchse darstelle und sie in weite Ferne jagen lasse, | |
3 | Quid sibi venatus noster portendat et illa, | was meine Jagd anzeigen soll und jene | |
4 | Quae iacet in medio serta corona solo? | geflochtene Krone, die mitten auf dem Boden liegt? | |
5 | Accipe nam, pedibus vulpes volat: Hinc sibi nomen | Du sollst freilich erfahren, dass der Fuchs auf seinen Füßen dahinfliegt: Daher leitet sich | |
6 | Tractum habet et volipes prisca loquela fuit. | sein lateinischer Name ab; seine frühere Bezeichnung lautete „volipes", also „Fliegefuß". | |
7 | Illa etenim fraudes celeri pede versat agitque, | Denn auf schnellem Fuß heckt er hinterlistige Gaunereien aus und treibt sie voran, | |
8 | Apta fera, ut fugiat fabricet atque dolos. | ein Tier, das die Fähigkeit hat, Listen sowohl zu umgehen als auch zu schmieden. | |
9 | Albicat ante pilis in ventre et pectore vulpes, | Vorne am Bauch und an der Brust schimmern beim Fuchs die Haare weiß, | |
10 | Sed sua summotenus terga pilique rubent: | aber am Rücken ist sein Fell bis oben hin rot: | |
11 | Sic multi ostendunt probitatis fronte nitorem, | Ebenso tragen viele den hellen Glanz der Rechtschaffenheit als Fassade zur Schau, | |
12 | Sub cute qui rubra fraude dolisque calent. | die unter der Haut vor Bosheit und Hinterlist rot glühen. | |
13 | Mutat saepe pilos, animum non mutat iniquum | Dieses Tier verändert oft sein Fell, seinen bösartigen Charakter aber | |
14 | Haec fera: In innato stat sua vita dolo. | ändert es nicht: Seine Lebensweise beruht auf seiner angeborenen Heimtücke. | |
15 | Intortam vulpes caudam tenet, est quoque cursus | Der Fuchs hat einen verdrehten Schwanz, und auch sein | |
16 | Illius intortus, subdolus, ambiguus: | Gang ist gewunden, schleichend, undurchschaubar: | |
17 | Unde etiam hoc nostro vulpes agitare theatro | Daher scheint es mir auch passend, hier in meiner Inszenierung Füchse | |
18 | Venatumque illa cum fera habere placet. | herumzuhetzen und die Jagd mit diesem Tier zu veranstalten. | |
19 | Heu quot habet mundus vulpes modo, praedia cuncta | Ach, wie viele Füchse gibt es derzeit auf der Welt, alle Gebiete | |
20 | Rustica et urbana vulpe doloque scatent! | auf dem Land und in der Stadt wimmeln von Verschlagenheit und Hinterlist! | |
21 | Vulpinus multis animusque et alopekis exstat, | Ein füchsischer, fuchsartiger Geist wohnt in vielen, | |
22 | Versutum et vafrum hoc cernis ubique pecus. | überall sieht man dieses listige und gerissene Vieh. | |
23 | Quisnam hodie, cordi cui vulpinarier usque | Wen gibt es denn heutzutage, in dessen Herz nicht immerzu füchsische Verhaltensweisen | |
24 | Non sedet? Aut cuius pectora vulpe carent? | eingeprägt sind? Oder wessen Seele ist frei von füchsischer Verschlagenheit? | |
25 | Tot fraudes, tot ubique doli et mendacia verum | So viele Täuschungen, so viele Listen allenthalben und Lügen korrumpieren | |
26 | Pervertunt, leges, iustitiam atque fidem. | die Wahrheit, die Gesetze, die Gerechtigkeit und den Glauben. | |
27 | Nusquam tuta fides, amor est exstinctus ubique, | Nirgends gibt es verlässliche Treue, die Liebe ist überall erloschen, | |
28 | Singula vulpino more modoque patent. | alles zeigt sich in füchsischer Sitte und Art. | |
29 | Quid credas aut cui credas, circumspice: Vulpes | Achte gut darauf, was du glaubst und wem du glaubst: Die Füchse | |
30 | Arva, domos, urbes, compita, rura tenent! | beherrschen die Äcker, die Häuser, die Städte, die Wegkreuzungen und die Fluren! | |
31 | Sunt, quibus inversa est cauda atque in fronte locata, | Es gibt welche, bei denen der Schwanz verkehrt herum ist und auf der Stirn sitzt, | |
32 | Quique pilis oculos crinibus atque tegunt; | und die ihre Augen mit Haar und Fell bedecken; | |
33 | Est, cui cauda duplex frons et geminata nitescit, | da ist einer, bei dem ein doppelter Schwanz und eine zweifache Stirn hervorstechen, | |
34 | Et duplices linguas simplici in ore gerit; | der zwei Zungen in einem einzigen Maul trägt; | |
35 | Est, quae distribuit caudas sine fine nocentes, | ein anderer steht da, der unzählige verderbliche Schweife verteilt, | |
36 | Spargit et in partes dividit omnigenas; | sie verbreitet und in alle Richtungen austeilt; | |
37 | Has agitant binae, quas foedera ficta ligarunt, | diesen hinterher jagt ein Paar Füchse, das geheuchelte Bündnisse zusammenhalten, | |
38 | At nihil efficient: Praeda cupita fugit; | aber sie erreichen nichts: Die begehrte Beute geht ihnen durch die Lappen; | |
39 | Est, quae pene caret, sed fraude imbuta maligna | es gibt auch einen, der keinen Schwanz hat, der aber, da er erfüllt ist von bösartiger Heimtücke, | |
40 | Mox capiet caudam perfidiamque trahet; | bald einen Schweif erhalten und die treulosen Verhaltensweisen annehmen wird; | |
41 | Est, cui cauda facem flagrantem protrahet - eheu! -, | da ist ein anderer, der an seinem Schwanz eine brennende Fackel hinter sich herziehen - o weh! - | |
42 | Quae rapido flammas evomet ore truces, | und aus seinem wilden Maul schreckliche Flammen ausspeien wird, | |
43 | Quae, cum prodierit lucemque miserrima tanget, | der, sobald er herauskommen und ans Tageslicht treten wird, der Erbärmliche, | |
44 | Comburet segetem cum stipula atque solo. | die Ackerfelder mitsamt Kornhalmen und Erde komplett niederbrennen wird. | |
45 | Ad tempus sed enim haec a venatore ligata est, | Aber dieser wurde ja für den Augenblick vom Jäger angeleint, | |
46 | Detracta est nondum copula tota feris: | der Strick wurde noch nicht allen wilden Tieren abgenommen: | |
47 | Illa canem illudet tractu caudae, illa sequentem | Er wird mit den Bewegungen seines Schweifes den Hund, der ihm auf den Fersen ist, austricksen, | |
48 | Excipiet mulcens credula corda dolis; | wird ihn anlocken, indem er seinen leichtgläubigen Geist mit Listen einlullt; | |
49 | Illa iacens sulcis lepores fallet volucresque, | er wird in einer Grube liegen und damit die Hasen und Vögel täuschen, | |
50 | Muribus insidias cuniculisque dabit; | wird den Mäusen und Kaninchen Fallen stellen; |